Die gesamte Thematik wird umfassend und in die Tiefe gehend in den
Büchern von John Holt, Richard Farson und Christiane Rochefort
dargestellt. Die Forderung nach Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und
politischer Emanzipation des Kindes wird in vielen Nuancen und
überzeugenden Antworten auf Kritik erörtert. Neben der
Gesamtargumentation sind den einzelnen Rechten eigene Kapitel gewidmet.
Fragen der Verwirklichung werden vor dem Hintergrund der bestehenden
Verhältnisse realistisch auf das Hier und Jetzt bezogen. Alle drei
Bücher sind eine überzeugende Hilfe, um den Sinn und historischen
Zusammenhang der Menschen- und Bürgerrechte des Kindes kennen zu lernen
und zu verstehen.
Zur Illustration drei kurze Beispiele:
John
Holt zu Grundsätzlichem: »Ich habe mich nicht bemüht, diese Rechte nach
ihrer Wichtigkeit zu ordnen. Was einige junge Menschen besonders
wichtig finden mögen, finden andere vielleicht weniger wichtig. Auch
behaupte ich nicht, dass diese Rechte und Pflichten in ein Paket
gebündelt sein müssen, dass ein junger Mensch alle von ihnen annehmen
muss, wenn er nur eines von ihnen annehmen will. Andererseits liegt es
in der Natur der Sache, dass einige dieser Rechte mit anderen verknüpft
sind. So könnte zum Beispiel das Recht, zu reisen und sein eigenes
Zuhause zu wählen, einem jungen Menschen kaum etwas nützen, wenn er
nicht gleichzeitig das Recht hätte, legale und finanzielle Verantwortung
zu tragen, zu arbeiten und über ein Einkommen zu verfügen.« (S. 14)
Richard
Farson zum Recht auf Teilnahme am Rechtsleben: »Wenn sich ein Kind
unternehmerisch betätigen will – damit ist nicht der Verkauf von
Süßigkeiten oder Zeitungen gemeint, das Austragen von Telegrammen oder
die Arbeit als Schuhputzer, sondern die Beteiligung an allen möglichen
Unternehmen, von denen es jetzt sogar als Kunde ausgeschlossen ist wie
in Spirituosengeschäften und Lokalen –, dann muss es auch feste Verträge
abschließen, Hypotheken aufnehmen und Kredit erhalten können. Kinder,
die ihr Verantwortungsbewusstsein bewiesen haben, sollten auch
geschäftliche Verhandlungen führen dürfen. Doch das Problem ist, dass
man keinen Kredit erhalten kann, wenn man nicht kreditwürdig ist.
Meistens ist es so, dass man ein Darlehen erst dann bekommen könnte,
wenn man es nicht braucht. So ist es nun einmal im Leben. Dahinter
steckt keine doppelte Moral, da Erwachsene und Kinder gleichermaßen
davon betroffen sind. Doch man sollte den Kindern ermöglichen, dass sie
sich durch verantwortungsbewusstes Handeln auf finanziellem Gebiet
Vertrauenswürdigkeit erwerben.« (S. 117)
Christiane
Rochefort zum Recht auf Privatleben: »Die Kinder stehen immer zur
Verfügung, sind jederzeit der Einmischung von Seiten der Eltern
ausgesetzt. All diese Einmischungen, Befehle, Verhöre, die sich nach
Verfassung, Wesen und Laune der Eltern richten, sind reine Willkür, da
Kinder keine verbindlich festgelegten Rechte haben ... Rechte? Für ein
Kind? ... keine festgelegten Rechte haben auf Zeit und Orte, die ihnen
allein gehören und über die keiner von ihnen Rechenschaft fordert.
Diese
willkürlichen Eingriffe würden unter ›erwachsenen‹ Menschen als
gänzlich unannehmbar gelten. Kindern gegenüber sind sie eine
Selbstverständlichkeit. Wir sehen sie offenbar unter einem anderen
Gesichtspunkt. dass man, wenn eine kleine Göre beim Spielen gestört
wird, von ›Unterdrückung‹ redet und von ›Rechten‹, erweckt überall
Verwunderung.
In einer Charta der Bürgerrechte für Kinder müssten ein paar einfache Punkte aufgeführt werden, etwa folgende:
–
ein eigener, unantastbarer Platz (ein eigenes Zimmer oder wenigstens
eine eigene Ecke und eine Kiste, die keiner durchsuchen darf)
– festgelegte Erholungszeiten. Fürs erste.« (S. 42, 43 f.)
John
Holt. Zum Teufel mit der Kindheit. Über die Bedürfnisse und Rechte von
Kindern. Wetzlar 1978 (Escape from Childhood, USA 1974)
Richard Farson, Menschenrechte für Kinder. Die letzte Minderheit. München 1975 (Birthrights, USA 1974)
Christiane Rochefort. Kinder. München 1977 (Frankreich 1976)
Alle
drei Texte sind vergriffen und nur noch in Bibliotheken verfügbar.
Restexemplare können jedoch über den Freundschaft mit Kindern –
Förderkreis e.V. bezogen werden.