Mit dem Wahlrecht wird kein neues Recht gefordert, das die
Erwachsenen den Kindern geben. Dieses Recht ist von niemandem zu geben.
Es ist unabhängig von anderen längst da, es kommt jedem von Geburt an
zu. Aber andere können die Ausübung dieses Rechts behindern. Und genau
das geschieht durch das Grundgesetz mit Artikel 38 Absatz 2:
»Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat.«
Das
Wahlrecht steht als politisches Persönlichkeitsrecht, als Menschenrecht
jedem zu. Wann dieses Recht zur Anwendung kommt, wann man zur Wahl geht
– darüber entscheidet ein jeder selbst, zu seiner Zeit. Der eine will
mit 8 Jahren zur Wahl gehen, der andere mit 30 oder mit 80 Jahren.
Sicher gehen nicht alle Achtjährigen zur Wahl und auch nicht alle
Dreißigjährigen und nicht alle Achtzigjährigen, aber sie haben das Recht
hierzu und könnten, wenn sie wollten, und niemand darf sie daran
hindern. Darum geht es. Nur darum.
Auch der Einwand,
man solle, wenn überhaupt, das Wahlalter nicht gänzlich aufheben,
sondern an ein bestimmtes unteres Mindestalter binden, etwa an das
Schuleintrittsalter, verkennt den Kern des Wahlrechts in der Demokratie.
Denn die Überlegungen, die zu einem bestimmten Wahlalter führen, sind
für alle, die ausgeschlossen bleiben, weiterhin voller Diskriminierung.
Vor allem aber wird übersehen, dass es sich beim Wahlrecht um ein
absolutes Recht handelt, das jedem von Geburt an zukommt, und dass
hiervon zu unterscheiden ist, wann und wie von diesem Recht Gebrauch
gemacht werden kann und wird.
Es wird immer die
verschiedensten Gründe geben, sein Wahlrecht nicht auszuüben, auch wenn
es einem zusteht. Das ist bei Kindern nicht anders als bei Erwachsenen.
Es gibt bei Erwachsenen keinerlei Diskriminierung, ein jeder hat das
Wahlrecht, wie immer er auch daherkommt und was immer auch dazu führt,
dass er es nicht ausüben kann oder nicht ausüben will. Keinem
unkundigen, bewusstlosen, dementen, volltrunkenen oder sonst wie
wahlunfähigen Erwachsenen wird das Wahlrecht je abgesprochen. Warum also
Kindern?
Warum sollte das Gesetz für junge Menschen
anders sein als für erwachsene Menschen? Es ist gerecht, praktikabel und
schließt jede Diskriminierung aus, wenn es keine Altersgrenze gibt,
wenn das »Wahlalter Null« existiert und es jedem überlassen bleibt, zu
welchem Zeitpunkt er von seinem Wahlrecht Gebrauch machen wird.
Wenn
Säuglinge und Kleinkinder nicht zur Wahl gehen, ist das kein Grund zur
Diffamierung der Forderung, die Wahlalterdiskriminierung abzuschaffen.
Die Selbstverständlichkeit, dass Säuglinge und Kleinkinder sich wahrlich
nicht mit politischen Dingen beschäftigen, muss nicht in den
Perfektionismus münden, die »wirkliche« Altersgrenze für das Wahlrecht
zu definieren. Niemandem schadet es, wenn die untere Altersgrenze nicht
gezogen wird. Und ist es so schwer zu erkennen, dass es nicht darum
geht, mit dem Wahlrecht für Kinder die Wirklichkeit abenteuerlich zu
verbiegen, sondern nur darum, jedem ohne Einschränkung die politische
Selbstbestimmung offen zu halten, wann immer er von diesem Menschenrecht
Gebrauch machen will?