Wenn wir etwas
erreichen wollen, müssen wir etwas dafür tun. So etwas will im rechten
Verhältnis sein: Geben und Nehmen, Bemühen und Erhalten. Das ist eins von
vielen Grundmustern des Lebens. Wie soll auch geschehen, was ich will, wenn ich
mich nicht dafür einsetze und etwas dafür tue?
Heute will ich
nachts in den Wald zum Meditieren. Was ich dafür tun muss: nun, ich mache mich
auf den Weg, schaffe den Weg, komme an. Den Weg zurücklegen ist der Einsatz, um
in den Wald zu kommen. Hab ich ja auch gut erledigt. Ich bin angekommen und
beginne mit dem Nachsinnen.
„Du musst Dich
nicht bemühen.“ Sanft und langsam, ein Hauch. Wortlos noch, kein Satz. Aber es
formt sich. Ich erkenne dann mit Worten, was sich mir mitteilt. Es ist der
Wald, die Nacht, der Zauber der Stille, das Wesen der Ruhe. Was auch immer es
ist: es ist nicht zu überhören. Und es
spricht mich an. Und ich lasse mich ansprechen und höre zu.
Es ist eine sich
sehr gewisse, machtvolle und ruhige Botschaft. Sie will nicht gehört werden:
sie ist da und kann gehört werden. Sie ist fest verankert in der Energie der
Konstruktivität. Sie ist Vertrauen. Alles steht mir zu, alles wird mir
zufließen, alles wird mich tragen. Es ist etwas Freundlich-Schelmisches dabei,
etwas Verschmitztes. Weil es so selbstverständlich ist und weil es so schwer zu
merken ist.
Wenn ich mich
bemühe, entferne ich mich. Ich bin dann nicht dort, wo ich sein will, sondern
ich bin im Dorthin-Eilen. In der Mühe eben. Es ist so ungewohnt: Alles fließt
mir zu? Das stimmt doch gar nicht. Ich will so vieles erreichen und bemühe mich
unentwegt. „Musst Du nicht tun. Las Dich in Ruhe. Du liebst Dich doch. Dann tu
es einfach. In allem und jedem. Vertrau dieser Kraft. Mehr ist nicht zu
tun.“
Es ist eine
seltsame Botschaft heute Nacht. Gegen alle Logik und Lebenserfahrung. Erkennbar
paradox. Wirklich? Ich habe auf einmal Zugang zu dieser Widersprüchlichkeit,
sehe ihre Harmonie und fühle mich wohl und willkommen in dieser Zauberei. In
dieser Realität der Liebe. Ja, ich habe vom WU WEI von Lao Tse gehört. Ist es
das? Ist im Bemühen zuviel Misstrauen, ganz grundsätzlicher Art?
„Du musst Dich nicht bemühen“ kommt aus tiefer
Liebe zu mir selbst, aus dem Vertrauen in das Leben und den Sinn. Dem ich
nachgeben kann, hier im Dunkel der Nacht, in der Konzentration der Stille und
dem Atem des Waldes. Es ist ein Raum, der ja auch da ist und in den ich gehen
kann, wenn ich das will. Ich entscheide, wie immer, welchen Weg.
„Es erfüllt sich.
Es wird schon. Es kommt so, wie es richtig ist. Es geht gar nicht anders. Dein
Bemühen hält das Fließen nur auf. Las es geschehen.“ Alles sehr fremd. Alles
sehr vertraut. Eine Gewissheit jenseits der Erklärung. Alltagstauglich? Auf dem
Rückweg lasse ich dieses Befragen. Ich lasse es einfach gelten und zu mir
gehören. Ich habe verstanden: Ich muss mich auch nicht bemühen, das alles zu
verstehen. Wahrheit kommt auf vielen Pfaden.