„Ich will da nicht wieder reinrutschen, in
diese destruktive Aggressivität.“ Rosa erzählt in der Gruppe von Problemen in
ihrer neuen Partnerschaft, und dass sie es diesmal anders machen will.
Destruktive Anmache, geht mir durch den Kopf: Schimpfen. Unzählige Male als
Kind selbst erlebt, damals. Als Grundmuster bei Konflikten. So was wird
übernommen, hat überlebt, vergiftet weiter, auch die Partnerschaften.
Während Rosa
weiter erzählt, höre ich in mich. Weit zurück. Es war einfach unfassbar,
unvorstellbar, unwortbar. Wenn meine Großen schimpften, mit Wucht ihren Ärger
über mich gossen, eben in destruktiver Aggressivität. Dann sah ich vor mich
hin, den Kopf gesenkt, versteinert, gebannt. Keine Bewegung. Es gab auch nichts
zu sagen. Nur hinzunehmen, umtost von Widerwärtigkeit. Es tat nicht einmal weh,
es war nur schrecklich.
Wie reagiert wohl
Rosas Partner? Wie reagiert man im abgeglittenen Streitfall? Wie hätte ich als
Kind reagieren können? Ich betrete das Streitzimmer, den Raum, wo einer jetzt
nicht mehr zu bremsen ist. Ich betrete also das Streitzimmer und wende mich dem
versteinerten Kind zu. Ich bin ein Dritter im Raum. „Nimm es Deiner Mutter
nicht übel. Sie kann gerade nicht anders. Du wirst geliebt. Von mir. Vom Leben.
Nachher auch wieder von Deiner Mutter. Lass den Glauben bei Dir, den Glauben an
Dich selbst.“ Ich sehe das Kind an, lege meinen Arm um seine Schultern - und es
gewinnt die Kraft zurück, aufzuschauen, mich anzusehen. Sich zu bewegen. Die
Verhexung abzustreifen. Sich selbst wieder willkommen zu sein. Die Würde. Die
Größe. Die Liebe.
„Du musst es ihr
nicht übel nehmen. Du kannst auch für sie, wenn sie so ist, Platz in Deinem
Haus haben.“ Können wir das? Gab es diese konstruktiven Botschaften damals?
Diese guten Botschafter? Im Streitzimmer liegt das ganze Arsenal der
„angemessenen“ Antworten parat. Es schillert nur so von Destruktivitätsenergie.
Ich will das nicht und halte dagegen:
„Du kannst sie
willkommen heißen, wenn sie so über Dich herfällt. Das ist nicht verboten. Sie
willkommen heißen, den Überfall nicht.“ „Kann man das trennen?“ „Ist auch nicht
verboten.“
Liebe ist immer
mutig und auch listig. Nichts zwingt uns wirklich zum Hass.
Rosas neuer
Partner könnte sagen: „Wenn sie so drauf ist - in mir ist unendlicher Platz für
sie, auch für sowas. Ich liebe sie doch. Das geht schon wieder. Und das wird
schon wieder. Und was sie aufregt, besprechen wir dann.“ Ich kehre voller Magie
der Zuversicht in die Gruppe zurück. Ich werde Rosa und den anderen von dieser
Reise erzählen.