Händewaschen, Zähneputzen, Rauchen und Co.




»Wasch die Hände!« - »Putz die Zähne!« - »Hör mit dem Rauchen auf!« Dreimal das übliche Klein-Klein mit den üblichen Verdächtigen. Es nervt, und es kostet Kraft und  Würde. 
 Ja, sicher, Kraft und Würde, und zwar auf beiden Seiten. Bei den Großen: Wie komme ich mir denn vor, zum tausendsten Mal da hinterher zu sein? Bei den Kindern: Wie komme ich mir denn vor, das zum tausendsten Mal anhören zu müssen? Gibt es eine Zauberlösung für so etwas? Gibt es nicht.
Aber es gibt die Möglichkeit des Nachdenkens. In einer ruhigen Minute. Jetzt. Und wenn man ins Nachdenken kommt, kann man das ganze Theater auch mal von der anderen Seite her betrachten. Für uns Erwachsene: von der Kinderseite. Doch da wir keine Kinder mehr sind, ist das nicht so einfach. Spielen wir also ein bisschen: Mit der Kraft unserer erwachsenen Gedanken rein in die Phantasiewelt der Kinder! Und dann könnte man ein wenig gelassener sein beim Klein-Klein mit den üblichen Verdächtigen. Wir lassen uns ja immer wieder einwickeln, von den Stimmen der Großen in uns, den Großen, die uns damals zum Händewaschen, Zähneputzen, Nichtrauchen verhexten, recht wie sie ja hatten - aber der Preis! Es ging immer um die Würde, und da hilft ein bisschen Gegenzauber, um heute liebevoll mit der Würde unserer Kinder umzugehen.
Wasch die Hände!
»Papa, seit wann gibt es Menschen?« »Wir waschen erst die Hände, klar?« »Papa, bitte!« »Die Ursprünge seit 7 Millionen Jahren, den Homo sapiens seit rund 200.000 Jahren. Und jetzt nimm die Seife!« »Seit wann gibt es Seife?« »Schon im alten China vor dreitausend Jahren. Aber so richtig zum Einsatz erst seit etwa 100 Jahren.« »Seit wann gibt es so viele Erkältungen und schwache Immunsysteme?« »Seit etwa 100 Jahren.« »Und?« »Und was? Mach den Kran auf!« »Siehst Du da keinen Zusammenhang, Papa?« »Wieso?« »Also: meinst Du, die Menschen hätten so lange überlebt und sich entwickelt, wenn Seife wichtig gewesen wäre?« »Was willst Du damit sagen?« »Da gibt es doch einen Zusammenhang von Immunschwäche und Seife!« »Waas?« »Schau mal Papa: die Menschen haben Hunderttausende und Millionen Jahre ihre Nahrung mit ungewaschenen Händen gegessen, mit Dreck unter den Fingernägeln. Sie haben damit auch die Krankheitskeime ihrer Umwelt aufgenommen. Und das war auch gut so. Denn das hat ihr Immunsystem gestärkt, und es gab keine Erkältungen. Sondern Überleben. Dreckige Hände sind wichtig fürs Gesundsein. Dreckige Hände sind ein Symbol für Vitalität und Zielführende Gesunderhaltende Hygiene. Willst Du wirklich, dass ich mir die Hände wasche? Willst Du mich krank machen? Willst Du nicht! Also, ich geh jetzt spielen.«
Putz die Zähne!
»Papa, weißt Du, wer 2020 den Nobelpreis für Medizin bekommt?« »Mach den Mund auf!« »Den Nobelpreis bekommt 2020 ein Zahnarzt.« »Was?« »Ja, ein Dr. Schäfer, er ist Zahnarzt.« »Was soll der Quatsch!« »Er bekommt ihn für sein
Lebenswerk, er ist 85, und er hat 60 Jahre geforscht.« »Was hat er geforscht?« »Er hat in einer großen Langzeitstudie herausgefunden, dass beim Zähneputzen ein sehr seltenes Mineral vom Zahn abgerieben wird. Die Wissenschaft hat es nach ihm benannt: Schaeferium. Es wird immer nur extrem wenig abgerieben, aber immerhin. Im Laufe der Jahre kommt da was zusammen.« »Was redest Du und redest Du, mach endlich den Mund auf!« »Es lagert sich ab, in den Körperzellen. Und es häuft sich, ganz verschieden bei den Menschen, mal mehr in der Leber, in der Lunge, in der Brust, im Hoden.« »Jetzt reichts!« »Papa, er hat den Nobelpreis gekriegt. Weil er den Zusammenhang gefunden hat.« »Was für einen Zusammenhang?« »Na den von Zähneputzen und Krebs.« »Von Zähneputzen und Krebs?« »Ja. Beides gibt es doch wirklich erst seit ungefähr 100 Jahren. Er hat nachgewiesen, dass das beim Zähneputzen abgeriebene Mineral Schaeferium die wirkliche Ursache für Krebs ist. Zähneputzen ist saugefährlich! Kann ich jetzt ins Bett?«
Hör mit dem Rauchen auf!
»Hast Du das im Internet gelesen, Papa?« »Mach die verdammte Zigarette aus, diese und alle anderen!« »Hast Du nicht gelesen.« »Packung her!« »Die Rede! Vor der Uno!« »Vor der Uno?« »Ja, von dem Außerirdischen.« »Von wem?« »Er ist gestern Nacht gelandet und hat heute zu den Menschen gesprochen. Er kommt vom Sirius. Er hat über das Rauchen gesprochen.« »Sag mal, rastest Du jetzt völlig aus?« »Sie haben uns schon lange beobachtet, Papa. Und jetzt eine Delegation geschickt. Sie wollen uns den Weg zum Frieden zeigen. Sie sind geschockt, dass die Menschen so viele Kriege führen.« »Sirius? Frieden? Uno?« »Er hat uns an die Friedenspfeife der Indianer erinnert. Er hat gesagt, wir hätten längst alles, was wir zum Frieden brauchen.« »Ich versteh gar nichts mehr.« »Papa, Raucher sind doch gemütlich.« »Ja, und sie sterben eher.« »Eben.« »Was heißt hier ‚eben‘?« »Der Sirianer hat gesagt, dass wir die Wahl haben.« »Was für eine Wahl? Hör auf mit dem Quatsch, Du nervst, und mach endlich den Glimmstängel aus, zur Hölle!« »Wenn Du nicht rauchst, fährst Du zur Hölle, Papa. Dann bist Du ungemütlich und aggressiv und kriegsbereit, latent, und dann braucht es nur noch einen Anlass, und schon bringen die Menschen sich um. Wenn man raucht, ist das alles ganz anders. Der Qualm macht ein bisschen benommen, ein bisschen glücklich, friedlich eben. Klar, hat er gesagt, dann gibt es Lungenkrebs und die Leute sterben eher, um 20 Jahre sinkt die Lebenserwartung. Aber dann hat er gefragt, was wir denn wollen? Eine friedliche und glückliche Welt ohne Kriege? Oder Mord und Totschlag? Die Menschen leben dann nicht so lange, aber sie leben in Frieden. Und jeder weiß das, und jeder ist einverstanden. Und jeder raucht. Und schon im Kindergarten gehen die Kippen rum. Eine andere Kultur eben. Friedenspfeife, Friedenskultur. Hat er gesagt. Ich finde, dass er recht hat. Ich rauche gern. Howgh!«