Pflichten als Ergänzung zu Rechten zu sehen ist an vielen Stellen
richtig. Hier jedoch gilt dieses Prinzip nicht. Es ist das demokratische
Grundrecht eines jeden Menschen, über sein politisches Schicksal selbst
zu bestimmen, unabhängig von irgendwelchen Verpflichtungen. Dieses
Recht lässt sich von nichts abhängig machen. Wenn überhaupt in diesem
Zusammenhang über Pflichten nachgedacht wird, dann über die Pflichten
derer, die den Staatsapparat kontrollieren und die Wahlprozeduren
festlegen:
Die Erwachsenen haben dafür zu sorgen, dass
ein Kind auch tatsächlich von seinem Wahlrecht Gebrauch machen kann,
wenn es das will. Dass Kinder den uneingeschränkten Zugang zu
Wahlveranstaltungen haben wie Erwachsene. Dass sie an die gewünschten
Informationen herankommen. Dass Eltern sich dem politischen Engagement
der Kinder nicht in den Weg stellen. Dass Kinder in einer druck- und
angstfreien Atmosphäre wählen können. Dass niemand sie daran hindert,
wenn sie zum Wahllokal gehen wollen.
Das alles sind
große Aufgaben und Pflichten, und es wird erheblicher Anstrengungen der
Erwachsenen bedürfen, bis die Demokratie auch für Kinder Realität ist.
Und dies geht bis in die Details: Dass die Schreibpulte in den
Wahlkabinen sowohl für große als auch für kleine Menschen geeignet sind,
dass jemand, der noch nicht lesen kann, eindeutige Symbole auf den
Wahlzetteln vorfindet, dass die Wahlurnen so niedrig aufgestellt werden,
dass ein Kind seinen Wahlschein ohne Mühe hineinwerfen kann ...